Es war ein grauer, regnerischer Donnerstagabend, und Clara hetzte durch die Gänge des kleinen Supermarktes am Ende ihrer Straße. Sie hatte es eilig, weil sie den ganzen Tag gearbeitet hatte und noch schnell ein paar Kleinigkeiten für das Abendessen kaufen wollte. Ihre Haare waren in einem lockeren Knoten zusammengebunden, und sie trug noch ihre Bürokleidung – ein schlichtes, dunkelblaues Kleid und eine leichte Jacke. Sie fühlte sich müde, vielleicht sogar ein wenig ausgelaugt, aber die Routine gab ihr Halt.
Clara griff nach einer Packung Spaghetti, als ihre Hand plötzlich auf die eines anderen traf. Erschrocken zog sie sie zurück und blickte auf. Vor ihr stand ein Mann, groß, mit dunklem Haar und einem charmanten Lächeln, das ihr Herz einen Moment schneller schlagen ließ.
„Oh, entschuldigen Sie“, sagte er mit einer warmen Stimme, die sie unwillkürlich fesselte.
„Kein Problem“, antwortete Clara und zwang sich, nicht zu lange in seine dunklen Augen zu sehen.
„Es sieht so aus, als hätten wir denselben Geschmack bei Pasta“, scherzte er und hielt die Packung hoch.
Clara lächelte. „Offensichtlich.“
Ein Gespräch entspann sich, erst über die besten Pasta-Rezepte, dann über ihre Lieblingsweine. Der Mann stellte sich als Lukas vor, und er hatte diese lockere, freundliche Art, die es Clara leicht machte, sich zu öffnen. Sie bemerkte, dass er keinen Ehering trug, was sie unbewusst beruhigte, aber irgendetwas an ihm – vielleicht ein Hauch von Zurückhaltung in seinen Augen – ließ sie zögern.
„Ich wohne hier in der Nähe“, sagte er schließlich und deutete vage in Richtung der Ausgangstür. „Vielleicht könnten wir mal zusammen einen Kaffee trinken?“
Clara fühlte, wie ihre Wangen warm wurden. Es war lange her, dass jemand sie auf diese Weise angesprochen hatte. Ihr letzter Freund hatte sie vor zwei Jahren verlassen, und seitdem hatte sie sich in ihre Arbeit geflüchtet.
„Warum nicht?“ antwortete sie schließlich und notierte ihre Nummer in sein Handy.
### Der Abend
Später an diesem Abend saß Clara in ihrer kleinen Wohnung und dachte an Lukas. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so schnell mit jemandem ins Gespräch gekommen war. Dennoch hatte sie dieses nagende Gefühl, dass er etwas verschwieg.
Als ihr Telefon vibrierte, sah sie seine Nachricht: *„Ich weiß, es ist ein bisschen spontan, aber möchtest du heute Abend noch etwas trinken gehen? Ich kenne eine tolle Bar.“*
Clara zögerte. Sie war müde, aber die Vorstellung, mit ihm zu reden, brachte ihr Herz erneut zum Klopfen. Schließlich schrieb sie: *„Warum nicht? Wann und wo?“*
### Ein Verhängnisvoller Abend
Die Bar war klein und gemütlich, mit gedämpftem Licht und leiser Jazzmusik im Hintergrund. Lukas saß bereits an einem Tisch in der Ecke und winkte ihr zu, als sie eintrat. Er hatte ein Glas Rotwein vor sich stehen und lächelte, als sie sich setzte.
Das Gespräch floss wie am Nachmittag, leicht und ungezwungen. Sie erzählten von ihren Jobs, ihren Träumen und ihren Reisen. Doch dann, als Clara gerade nach ihrem Glas griff, stockte Lukas.
„Ich muss dir etwas sagen“, begann er und schien mit sich zu ringen.
Claras Magen zog sich zusammen. „Was denn?“
Er seufzte. „Ich bin verheiratet.“
Die Worte trafen sie wie ein Schlag. Sie setzte ihr Glas ab und blickte ihn fassungslos an.
„Warum hast du das nicht gleich gesagt?“ fragte sie, ihre Stimme eine Mischung aus Wut und Enttäuschung.
„Ich weiß“, sagte Lukas, „es war falsch, aber… ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Es fühlt sich an, als hätte ich dich schon ewig gesucht.“
Clara wusste, dass sie aufstehen und gehen sollte. Doch irgendetwas an ihm hielt sie fest. Vielleicht war es seine Ehrlichkeit in diesem Moment, vielleicht war es das Feuer, das sie in seinen Augen sah.
„Das ist kompliziert“, sagte sie schließlich und wich seinem Blick aus.
„Ich weiß“, sagte er leise. „Aber nur für einen Abend – können wir nicht einfach vergessen, was richtig und falsch ist?“
Clara wusste, dass sie in diesem Moment eine Entscheidung traf, die sie nicht so leicht rückgängig machen konnte. Der Rest des Abends war ein Sturm aus Gefühlen, Verlangen und Verwirrung.
Am nächsten Morgen lag sie allein in ihrem Bett, die Gedanken ein einziges Chaos. Sie wusste, dass das, was sie getan hatten, falsch war, und doch konnte sie sich nicht helfen, darüber nachzudenken, wie lebendig sie sich in Lukas’ Nähe gefühlt hatte.
Vielleicht war es nur ein Abenteuer, ein Moment der Schwäche. Aber es hatte etwas in ihr geweckt, das sie nicht länger ignorieren konnte – eine Sehnsucht nach mehr, nach einem Leben, das sie sich nie zu träumen gewagt hatte.