ein kalter Wintermorgen

Es war ein kalter Wintermorgen, als Lara ihren kleinen, in die Jahre gekommenen Fiat Punto zur örtlichen Autowerkstatt fuhr. Der Motor hatte schon seit Tagen merkwürdige Geräusche gemacht, und heute Morgen hatte das Auto schließlich den Geist aufgegeben. Mit einer Mischung aus Frustration und Sorge parkte sie vor der unscheinbaren Werkstatt, deren Schild „Müller Kfz-Service“ aussah, als wäre es mindestens genauso alt wie ihr Auto.


Lara zog ihren Mantel enger um sich und betrat die Werkstatt. Der Geruch von Öl, Metall und ein Hauch von Leder schlug ihr entgegen. Sie schaute sich suchend um, bis eine tiefe, warme Stimme ertönte: „Kann ich Ihnen helfen?“

Ihr Blick fiel auf den Mann, der hinter der Theke hervortrat. Er war groß, breit gebaut und trug ein graues T-Shirt, das seine muskulösen Arme kaum verbergen konnte. Seine Hände waren von Arbeit gezeichnet, doch seine Haltung war selbstbewusst und entspannt. Ein Hauch von Motoröl lag in der Luft, doch es war sein Lächeln, das Lara fast den Atem raubte.

„Ähm… mein Auto macht Probleme,“ stammelte sie, unsicher, ob es die Situation oder seine durchdringenden grünen Augen waren, die sie aus dem Konzept brachten.

„Dann sehen wir uns das mal an,“ sagte er, griff nach einer blauen Arbeitsjacke und trat nach draußen. Lara folgte ihm und versuchte, nicht zu auffällig zu sein, während sie seine breiten Schultern unter der Jacke musterte.

Er öffnete die Motorhaube mit einer Selbstverständlichkeit, die Lara beeindruckte. „Ich bin übrigens Ben,“ sagte er über die Schulter.

„Lara,“ antwortete sie schnell, bevor sie merkte, dass ihre Stimme etwas zu hoch klang. Sie räusperte sich und fügte hinzu: „Es macht so ein klapperndes Geräusch… seit ein paar Tagen schon.“

Ben nickte konzentriert, während er den Motor untersuchte. Er sprach mehr zu sich selbst als zu ihr, als er verschiedene Teile überprüfte. Lara beobachtete ihn fasziniert. Seine Hände bewegten sich mit einer Mischung aus Präzision und Kraft, und sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal jemanden gesehen hatte, der so in seiner Arbeit aufging.

„Ich glaube, ich habe den Übeltäter gefunden,“ sagte Ben schließlich und wandte sich mit einem triumphierenden Lächeln zu ihr um. „Ihr Keilriemen ist verschlissen. Das lässt sich aber schnell beheben.“

„Oh, das klingt… gut,“ murmelte Lara. Sie wusste nicht viel über Autos, aber Bens ruhige Zuversicht beruhigte sie.

Während er sich an die Arbeit machte, blieb Lara in der Nähe, immer wieder zwischen seinem konzentrierten Gesicht und den Werkzeugen hin- und herschauend. Sie hatte das Gefühl, dass es eine Ewigkeit dauern würde, bis sie den Mut fand, etwas Persönliches zu sagen. Doch Ben war ihr einen Schritt voraus.

„Sie sehen aus, als ob Sie lieber irgendwo anders wären als hier,“ sagte er schließlich mit einem verschmitzten Lächeln, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.

Lara lachte nervös. „Ich glaube, Werkstätten gehören nicht zu meinen Lieblingsorten. Aber Sie scheinen Ihren Job zu mögen.“

Ben richtete sich auf, wischte sich die Hände an einem Tuch ab und sah sie an. „Ja, ich mag es, Dinge wieder zum Laufen zu bringen. Und manchmal begegnet man dabei interessanten Leuten.“

Lara spürte, wie ihre Wangen warm wurden. „Das ist wohl ein Vorteil.“

Nach einer halben Stunde war der Keilriemen ausgetauscht, und Ben wischte sich die Hände ab, bevor er ihr die Schlüssel zurückgab. „Fertig. Probieren Sie es aus.“

Lara setzte sich ins Auto, startete den Motor, und das vertraute Geräusch war wieder da – nur dieses Mal ohne das nervige Klappern. Sie stieg wieder aus und strahlte. „Es läuft wieder! Danke, Ben.“

„Gern geschehen,“ sagte er, die Hände in die Taschen gesteckt. „Und falls es noch mal Probleme gibt… oder Sie einfach mal auf einen Kaffee vorbeikommen wollen…“

Laras Augen weiteten sich. War das eine Einladung? Sie musste schmunzeln. „Vielleicht komme ich darauf zurück.“

Ben grinste. „Das hoffe ich.“

Mit einem Herz, das plötzlich ein wenig schneller schlug, stieg Lara in ihren Wagen und fuhr davon. Doch als sie den Rückspiegel betrachtete und Bens Gestalt kleiner wurde, wusste sie: Diese Werkstatt würde sie so schnell nicht vergessen.

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