Es war eine kühle Nacht in Dresden. Ein leichter Nebel lag über der Stadt, als sich die ersten Wagen an der Lingnerallee sammelten. Die Lichter der Straßenlaternen warfen lange Schatten auf den Asphalt, während Motoren in tiefem Grollen ihre Anwesenheit verkündeten. Dies war kein gewöhnlicher Abend – heute Nacht würde wieder ein Rennen stattfinden. Und diesmal waren nicht nur die üblichen Verdächtigen dabei.
Lena stand mit verschränkten Armen an ihrem tiefblauen BMW M4. Ihre langen blonden Haare hatte sie zu einem strengen Zopf gebunden, und ihre grünen Augen funkelten im Licht der Autoscheinwerfer. Neben ihr lehnte Alina an ihrem mattschwarzen Audi RS3 und zog an einer Zigarette. „Sieht so aus, als ob heute große Konkurrenz am Start ist“, murmelte Alina und ließ den Blick über die Menge schweifen.
Mehr als zwanzig Autos waren bereits vor Ort, darunter ein knallroter Nissan GT-R, ein hochgetunter Golf R und ein massiver Mercedes-AMG. Die Fahrer tauschten Blicke, manche skeptisch, andere voller Herausforderung. Illegale Straßenrennen waren in Dresden kein seltenes Phänomen, doch dieses Mal war es anders. Lena und Alina waren die einzigen Frauen unter den Fahrern – und einige der Männer schienen das nicht allzu ernst zu nehmen.
„Bist du sicher, dass du das durchziehst?“, fragte ein muskulöser Typ in Lederjacke, der sich als Besitzer des GT-R herausstellte. „Straßenrennen sind kein Zuckerschlecken, Süße.“
Alina blies den Rauch ihrer Zigarette aus. „Lass uns einfach fahren und sehen, wer süß ist.“
Ein lautes Lachen ging durch die Menge, gefolgt von ein paar anerkennenden Nicken. Doch die Spannung blieb. Jeder wusste, dass es in den nächsten Minuten nicht nur um Geschwindigkeit ging, sondern auch um Stolz und Respekt.
Das Rennen beginnt
Die Startlinie war ein unscheinbarer Streifen auf dem Asphalt, markiert durch zwei Mülltonnen am Straßenrand. Die Strecke verlief von der Lingnerallee über die Waldschlösschenbrücke bis zur Bautzner Straße – rund zwei Kilometer voller Geschwindigkeit und Risiko. Hier zählte jede Millisekunde.
Die Fahrer nahmen ihre Positionen ein. Lenas Hände umschlossen das Lenkrad ihres BMWs, während sie sich konzentrierte. Alina, direkt neben ihr, ließ den Motor aufheulen. Die tiefen Bässe der Motorengeräusche vermischten sich mit dem Geräusch von Sirenen in der Ferne – ein ständiges Risiko, doch das gehörte dazu.
Ein Zuschauer hob den Arm. Drei … zwei … eins …
Der dumpfe Knall eines startenden Motors durchbrach die Stille. Die Autos schossen nach vorne, Reifen quietschten auf dem Asphalt, Rauch stieg in die Luft. Lenas M4 setzte sich mit beeindruckender Präzision in Bewegung, während Alinas RS3 eng an ihrer Seite blieb. Der GT-R drückte nach vorne, sein Turbo kreischte in der Nacht.
Die Geschwindigkeit stieg. 80 … 120 … 150 km/h. Die Brücke kam näher. Der Wind zerrte an den Autos, die Lichter der Stadt verschwammen zu einem einzigen glühenden Streifen. Es war ein Moment purer Freiheit, ein Tanz auf Messers Schneide.
Doch dann – Blaulicht.
Die Flucht
„Scheiße!“ Alinas Herz setzte einen Schlag aus, als sie das reflektierende Licht der Polizeisirenen im Rückspiegel sah. Die Menge am Straßenrand löste sich panisch auf, einige rannten in die Dunkelheit, während andere hastig ihre Autos starteten.
„Nach links!“, rief Lena durch das Funkgerät.
Alina riss das Lenkrad herum und bog abrupt in eine Seitenstraße ab. Der RS3 driftete leicht, bevor er sich wieder fing und mit unverminderter Geschwindigkeit weiterzog. Lena folgte dicht hinter ihr, während sich der GT-R und der AMG weiter auf der Hauptstraße hielten – und direkt in die Arme der Polizei fuhren.
Die Sirenen wurden lauter. Ein Polizeiwagen hatte die Verfolgung aufgenommen.
„Plan B“, keuchte Alina und trat das Gaspedal durch. Ihr Audi raste durch die engen Straßen der Dresdner Neustadt, vorbei an stillgelegten Fabrikhallen und dunklen Hinterhöfen. Ihr Herz pochte in ihrer Brust, doch sie wusste, dass sie jetzt nicht zögern durfte.
Lena folgte ihrem Manöver, bog in eine schmale Gasse ein und schaltete abrupt die Scheinwerfer aus. Der Polizeiwagen raste vorbei, ahnungslos, dass sich die beiden Frauen nur wenige Meter entfernt im Schatten versteckten.
Ein Moment der Stille. Dann brach Alina in Lachen aus.
„Das war verdammt knapp!“, sagte sie und lehnte sich zurück, ihre Hände noch immer um das Lenkrad geklammert.
Lena schüttelte den Kopf, ein breites Grinsen auf den Lippen. „Aber wir haben’s geschafft.“
Hinter ihnen hallte die Sirene durch die Nacht. Sie wussten, dass sie nicht ewig davonkommen würden. Doch für den Moment gehörte ihnen die Straße.