Das Oktoberfest war in vollem Gange. Die Luft war erfüllt von dem Duft nach gebrannten Mandeln, frischen Brezeln und dem unverkennbaren Aroma von Bier. Menschen in Tracht lachten, prosteten sich zu, und aus den Festzelten erklang die fröhliche Musik der Blaskapellen. Es war ein Ort der Lebensfreude, wo Sorgen für einen Moment vergessen werden konnten – und genau das hatte Michael an diesem Abend gesucht.
Michael, ein 36-jähriger Unternehmensberater aus München, war eigentlich kein Fan von großen Menschenmengen. Doch auf Drängen seiner Kollegen hatte er sich breitschlagen lassen, das Oktoberfest zu besuchen. In seiner grauen Lederhose und dem klassischen karierten Hemd wirkte er fast so, als würde er hierher gehören. Doch innerlich fühlte er sich ein wenig fehl am Platz, zumindest bis zu dem Moment, als sie auftauchte.
Er hatte gerade mit seinen Kollegen im Festzelt eine Maß bestellt, als er sie zum ersten Mal sah: Anna. Sie stand ein paar Tische weiter, in einem himmelblauen Dirndl, das ihre schmale Taille betonte und ihre langen braunen Haare, die in sanften Wellen über ihre Schultern fielen. Sie lachte mit ihren Freundinnen, hielt eine Brezel in der einen und ein Bierglas in der anderen Hand. Doch was Michael am meisten faszinierte, war ihr Lächeln – offen, herzlich und ansteckend.
Ihre Blicke trafen sich zufällig, und für einen Moment schien der Lärm des Festzeltes zu verstummen. Michael lächelte schüchtern, und Anna erwiderte seinen Blick mit einem Hauch von Neugier.
„Soll ich hingehen?“ dachte Michael. Er zögerte, doch schließlich nahm er all seinen Mut zusammen und ging zu ihrem Tisch.
„Servus,“ begann er, „darf ich dir vielleicht ein frisches Bier spendieren?“
Anna lachte, ihre Augen blitzten vor Freude. „Warum nicht? Aber nur, wenn du auch mit uns anstößt!“
Michael nahm Platz, und bald waren sie in ein Gespräch vertieft. Es stellte sich heraus, dass Anna aus Augsburg kam und mit ihren Freundinnen für ein Wochenende in München war. Sie arbeitete als Grundschullehrerin und liebte es, zu reisen und neue Leute kennenzulernen. Michael erzählte ihr von seinem Job, seinem Alltag in München und seinen Lieblingsplätzen in der Stadt. Die Chemie zwischen ihnen war sofort spürbar.
Die Stunden vergingen wie im Flug, und die Stimmung wurde immer ausgelassener. Sie tanzten auf den Bänken, sangen zu den klassischen Wiesn-Hits, und Michael konnte den Blick nicht von Anna lassen. Als die Band schließlich das letzte Lied spielte und die Lichter im Zelt gedimmt wurden, wusste Michael, dass er diesen Abend nicht so schnell enden lassen wollte.
„Willst du vielleicht noch eine Runde über die Wiesn drehen?“ fragte er, als sie das Festzelt verließen.
Anna nickte. „Sehr gerne.“
Sie schlenderten durch die bunt erleuchteten Gassen, vorbei an den Fahrgeschäften und Essensständen. Michael kaufte ihr eine gebrannte Mandel-Tüte, und gemeinsam fuhren sie im Riesenrad. Hoch oben, mit Blick über das leuchtende Oktoberfest und die nächtliche Stadt, kamen sie sich näher. Ihre Schultern berührten sich, und als Anna sich zu ihm umdrehte, zögerte Michael keinen Moment länger. Er beugte sich vor und küsste sie.
Es war ein Kuss, der nach Freiheit, Abenteuer und ein bisschen nach Bier schmeckte. Anna zog sich nicht zurück – im Gegenteil. Sie erwiderte den Kuss mit einer Leidenschaft, die Michael völlig überwältigte.
„Du bist verrückt,“ flüsterte sie lächelnd, als sie sich wieder voneinander lösten.
„Vielleicht,“ erwiderte Michael, „aber ich weiß, dass ich dich heute nicht mehr gehen lassen will.“
Anna sah ihn an, ihre Augen funkelten im Licht der Wiesn. „Ich auch nicht.“
Der Beginn einer Affäre
Von diesem Abend an waren Michael und Anna unzertrennlich – zumindest für die kurzen Zeiträume, in denen sie sich sehen konnten. Anna kehrte nach Augsburg zurück, doch sie begannen, sich regelmäßig zu treffen. Mal in München, mal in Augsburg, manchmal auch in kleinen, versteckten Hotels auf halbem Weg zwischen den beiden Städten.
Ihre Affäre war intensiv und aufregend. Sie genossen die gestohlenen Stunden, die heimlichen Treffen und die Leidenschaft, die ihre Beziehung befeuerte. Doch so schön ihre Zeit zusammen auch war, sie war nicht ohne Komplikationen.
Michael war in einer langjährigen Beziehung, die längst zur Routine geworden war. Seine Freundin ahnte nichts von seiner Affäre, doch Michael spürte, dass sein Leben aus den Fugen geriet. Anna hingegen war Single, doch sie wusste, dass ihre Beziehung zu Michael keine Zukunft hatte. Und trotzdem konnten sie nicht voneinander lassen.
Es waren nicht nur die körperliche Anziehung und die Romantik, die sie zusammenhielten. Sie hatten eine Verbindung, die tief und unerwartet war. Anna fühlte sich bei Michael verstanden, und Michael bewunderte Annas Lebensfreude und ihren Mut, Dinge einfach auf sich zukommen zu lassen.
Ein schwieriger Abschied
Doch so leidenschaftlich ihre Beziehung auch war, sie wusste, dass sie nicht ewig so weitergehen konnte. Nach einem besonders schönen Wochenende in einem kleinen Hotel am Ammersee entschied Anna, dass es Zeit war, einen Schlussstrich zu ziehen.
„Michael,“ begann sie, während sie im Bett lagen und die Morgensonne durch die Vorhänge fiel, „ich kann das so nicht mehr. Ich will dich nicht verlieren, aber ich kann auch nicht ewig die Frau sein, die nur einen Teil deines Lebens bekommt.“
Michael schwieg lange. Er wusste, dass sie recht hatte. Doch der Gedanke, Anna zu verlieren, schmerzte ihn mehr, als er je gedacht hätte.
„Ich weiß,“ flüsterte er schließlich. „Du verdienst mehr, als ich dir geben kann. Aber ich werde dich nie vergessen.“
Anna lächelte traurig. „Ich dich auch nicht.“
An diesem Morgen gingen sie getrennte Wege. Doch obwohl ihre Affäre endete, wussten beide, dass sie etwas Besonderes miteinander geteilt hatten – etwas, das sie nie bereuen würden.